Kläranlage

Abwasser Recycling: Update für die Kläranlage

Abwasser ist reich an Ressourcen, die bisher ungenutzt bleiben. Mit verschiedenen technologischen Ansätzen ist es möglich, diese als wertvolle Rohstoffe zurückzugewinnen. So werden Kläranlagen zu Rohstoffquellen.

Rohstoffe aus Abwasser gewinnen

Kläranlagen sind unverzichtbar für den Schutz unserer natürlichen Gewässer. Jedes Jahr behandeln sie über 9 Milliarden Kubikmeter Abwasser in Deutschland. Dabei filtern sie Stoffe wie Phosphor- und Stickstoffverbindungen aus unserem Abwasser, bevor es in natürliche Gewässer abgeleitet wird und dort Schaden anrichten kann. Doch Kläranlagen haben das Potential, mehr zu tun, als das Abwasser nur zu reinigen: Sie können auch Rohstoffe generieren. Sowohl Phosphor- als auch Stickstoffverbindungen sind in der Landwirtschaft wertvolle Rohstoffe, die zur Herstellung von Dünger verwendet werden können. Aber auch die Rohstoffe zur Herstellung von Biokunststoffen können beispielsweise in einer Kläranlage gewonnen werden.

Kläranlage Erbach - Membrandestiliation
Membrandestillation (Umwelttechnik BW)

Ammoniumrückgewinnung aus Abwasser

Um die Gesundheit natürlicher Gewässer zu erhalten, ist es essenziell, Ammonium-Ionen aus Abwässern zu trennen. Das liegt unter anderem an dem Stickstoffgehalt des Ammonium-Ions: Stickstoffverbindungen sind ein Nährstoff für Mikroorganismen und können so zu einem übermäßigen Algenwachstum führen. Das Algenwachstum wiederum führt zu einem Sauerstoffmangel im Wasser, der Wasserlebewesen gefährdet.

Außerhalb der natürlichen Gewässer sind Stickstoffverbindungen jedoch eine wertvolle Ressource, die unter anderem für unsere Nahrungsmittelproduktion entscheidend ist.

Bisher werden Stickstoffverbindungen vor allem großindustriell durch das „Haber-Bosch Verfahren” synthetisiert. Stickstoffhaltiges Ammonium kann mithilfe verschiedener Methoden aber auch aus Abwasser zurückgewonnen werden. So beispielsweise mit Hilfe der Membrandestillation oder Zeolithfiltern.

Die Membrandestillation ist ein thermisch getriebenes Verfahren, bei dem hydrophobe, semipermeable Membranen verwendet werden. Die Membran separiert flüchtige Stoffe von Wasser. Das Ammonium-Ion wird zu Ammoniak und so in seiner flüchtigen Form vom Abwasser getrennt. Der Ammoniak wird anschließend in Schwefelsäure zu Ammoniumsulfat gebunden. Ammoniumsulfat ist aufgrund des Stickstoffgehaltes eines der bedeutendsten Salze zur Herstellung von Düngemitteln.

Beim Zeolithfilter wird das Ammonium-Ion an Zeolith, ein in der Regel künstlich hergestelltes Mineral, gebunden. Ammonium-Ionen werden bei der Regeneration des Zeoliths zurückgewonnen und können als Dünger eingesetzt werden.

 

Phosphorrückgewinnung aus Abwasser

Phosphorverbindungen werden im ökologischen Landbau verwendet und sind ein dringend benötigter Rohstoff, der vor allem für Düngemittel eingesetzt wird. Bisher werden Phosphor und seine Verbindungen in mineralischen Lagerstätten im Ausland abgebaut, beispielsweise in Marokko. Die so erzeugten Produkte sind teilweise mit Uran und anderen Schwermetallen belastet, welche sich nach Verwendung im Boden anreichern. Gleichzeitig geraten konventionelle Lieferwege durch multiple Krisen zunehmend unter Druck. Die Phosphorrückgewinnung ist in der Klärschlammverordnung zudem verpflichtend aufgeführt.

Eine Möglichkeit, diese Probleme zu adressieren, ist das neuartige ePhos-Verfahren. Es ermöglicht die Rückgewinnung von Ammonium sowie Phosphat aus Abwasser in einem elektrochemischen Prozess. Mit Hilfe einer Opferanode aus Magnesium wird das Phosphor elektrochemisch als Struvit gefällt. Struvit ist ein hochwertiger Langzeitdünger, der in der Landwirtschaft direkt als Düngemittel angewandt werden kann. Gleichzeitig ist die Schwermetallbelastung erheblich geringer als bei mineralisch abgebautem Phosphor.

Kläranlage Erbach - Struvit
Phosphorrückgewinnung (Umwelttechnik BW)
Biokunststoffe aus Abwasser 2
Biokunststoffe aus Abwasser (© Fraunhofer IGB)

Biobasierte Kunststoffe aus Abwasser

Kunststoffe sind ein wichtiges Material für unsere Gesellschaft. Egal ob in der Medizin, Elektronik, Mobilität, der Baubranche oder der Verpackungsindustrie: Kunststoffe sind vielseitig anwendbar. Bio-basierte Alternativen haben gegenüber Kunststoffen aus fossilen Ressourcen einige Vorteile, nicht zuletzt die ressourcenschonende Produktion.

Als Basis für diese nachhaltigen Kunststoffe werden sogenannte Biopolymere eingesetzt, unter anderem Polyhydroxyalkanoate (PHA). Diese werden mit Hilfe von Mikroorganismen produziert: Sie werden von den Bakterien in einem Fermentationsverfahren als Reservestoff für Kohlenstoff und Energie gebildet. Die Bakterien beziehen die notwendigen Rohstoffe aus der organischen Verschmutzung des Abwassers: So wird aus einem Schadstoff ein wertvoller Rohstoff.

Abwasser als Energielieferant

Abwasser kann ein zuverlässiger Energielieferant sein, sei es über die Nutzung von Abwärme oder die Wasserstofferzeugung:

  • Abwärme entsteht in verschiedenen Prozessschritten der Abwasseraufbereitung und kann für unterschiedliche Zwecke genutzt werden.
  • Wasserstoff kann aus organischen Kohlenstoffverbindungen gewonnen werden. Im Pilotprojekt KoalAplan beispielsweise wird der Klärprozess völlig neu konzipiert. Über mehrere Stufen wird mithilfe von Mikroorganismen unter anderem Wasserstoff erzeugt. Dieser kann als Endprodukt genutzt oder weiterverarbeitet werden.
  • Auch aus industriellem Abwasser kann Wasserstoff gewonnen werden. Mit Hilfe von Purpurbakterien kann Spülwasser vor Ort aufbereitet werden, um Biowasserstoff zu erzeugen. So entsteht eine Bioraffinerie in industrieller Umgebung.

In der Praxis

Vom Entsorger zum Versorger: Wie das in der Praxis aussieht, sehen Sie hier:

KoalAplan: Kläranlagen neu gedacht

Die Bioraffinerie in Stuttgart Büsnau gewinnt Ammoniumstickstoff, Biokunststoffe und Wasserstoff aus kommunalem Abwasser.

 

Weitere Infos zum KoalAplan - Projekt

 

RoKKa: Das Update für die Kläranlage

Das Projekt erprobt die Gewinnung von Phosphor für Düngemittel und die Abtrennung von CO₂ als Rohstoff für die chemische Industrie.

 

Weitere Infos zum RoKKa - Projekt

 

SmartBioH2-BW: Die Bioraffinerie in der Industrie

Aus industriellen Abwässern sollen Biowasserstoff und weitere Produkte gewonnen werden.

 

Weitere Infos zum SmartBioH2-BW

 

Weitere Unterstützung zum Thema Abwasser

Technologieanbieter

Entdecken Sie leistungsstarke Unternehmen zum Thema Abwasser aus Baden-Württemberg im Kompetenzatlas BW

Experten

Entdecken Sie Experten rund um das Thema Abwasser Recycling.

Aktuelles zum Thema Abwasser als Ressource

Die besten Ideen sind die, die umgesetzt werden. Dafür brauchen Sie ein tragfähiges Netzwerk an Ihrer Seite.